Skoliose

Unsere Wirbelsäule besteht aus 24 Wirbelknochen, die die verschiedenen Abschnitte der Wirbelsäule bilden. Von hinten betrachtet zeichnet sie sich am Rücken als fast gerade Linie ab, die aus den Dornfortsätzen der Wirbelkörper besteht. Zwischen den Wirbelkörpern befindet sich je eine Bandscheibe, die Stöße und Druck auf die Wirbelsäule abdämpfen soll. Damit wir uns ohne Einschränkungen bewegen können, ist die Wirbelsäule von der Seite aus nicht ganz gerade, sondern von Natur aus S-förmig gekrümmt.

Zuletzt aktualisiert: 08.07.2024

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14 Minuten

Wenn die Wirbelsäule gekrümmt ist

Die Krümmung nach vorne im Hals und Lendenwirbelbereich nennt man „Lordose“, die „Kyphose“ im Brustbereich beschreibt eine Biegung nach hinten. Daneben kann die Wirbelsäule aber auch in weitere Richtungen gebogen oder verdreht sein – dies ist auch bei einer Skoliose der Fall.
Leichte Veränderungen an der Wirbelsäule findet man bei einem Großteil der Bevölkerung. Bei starker skoliotischer Ausprägung mit seitlich fixierten Ausbiegungen, Torsionen und Rotationen der Wirbelkörper können jedoch starke gesundheitliche Beeinträchtigungen die Folge sein.

Erfahren Sie hier, was eine Skoliose ist, wie wir diese im Orthozentrum Bergstrasse diagnostizieren und wie man eine schiefe Wirbelsäule behandeln kann.

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Definition

Welche Arten von Skoliose gibt es?

Eine Skoliose ist definiert als fixierte (also dauerhaft bestehende) Verkrümmung der Wirbelsäule zur Seite mit einem Winkel von mindestens 10 Grad. Der Winkel wird mithilfe eines Röntgenbildes geometrisch bestimmt und zur Einteilung des Schweregrades genutzt. Diesen Winkel bezeichnet man als Cobb-Winkel.

Schweregrade der Skoliose

  • Leicht: 10-40 Grad
  • Mittel: 41-60 Grad
  • Schwer: 61-80 Grad
  • Sehr schwer: über 80 Grad

Abhängig von der Seite kann eine Wirbelsäulenverkrümmung rechts- oder linkskonvex sein. Bei einer „Torsionsskoliose“ sind zusätzlich einzelne Wirbelknochen oder auch die ganze Wirbelsäule um ihre Längsachse gedreht.

Je nachdem, welche Kriterien man zu Rate zieht, gibt es unterschiedliche weitere Einteilungen.

Allgemein wird die idiopathische von der sekundären Form unterschieden.

  • Idiopathisch = kein konkreter Auslöser kann gefunden werden
  • Sekundär = schiefe Wirbelsäule aufgrund einer bekannten Ursache

Achtung!

Eine „echte“ Skoliose sollte nicht mit einer „skoliotischen Fehlhaltung“ verwechselt werden. Während eine Fehlhaltung nur vorübergehend besteht und häufig eine rein muskuläre Ursache hat, sind „echte“ Wirbelsäulenverkrümmungen immer durch eine strukturelle Veränderung der Wirbelsäule gekennzeichnet. Im Folgenden wird insbesondere auf das Krankheitsbild der „echten“ Skoliose eingegangen.

Einteilung nach Alter

  • Säuglingsskoliose (bildet sich meist ohne Therapie zurück)
  • Infantil (bis 3. Lebensjahr)
  • Juvenil (4.-10. Lebensjahr)
  • Adoleszent (ab dem 11. Lebensjahr)

Die adoleszente Form ist mit Abstand die häufigste – ausgelöst durch das Wachstum während der Pubertät. Mädchen trifft es deutlich häufiger als Jungen.

Einteilung nach Lokalisation

  • Thorakal im Brustwirbelsäulenbereich
  • Thorako-lumbal am Übergang der Brust- in die Lendenwirbelsäule
  • Lumbal im Lendenwirbelbereich

Ist man mit Skoliose chronisch krank?

Bei Jüngeren, insbesondere Kleinkindern, kann sich eine Wirbelsäulenverkrümmung von allein oder mithilfe bestimmter Therapien vollständig zurückbilden.

Ist dies nicht der Fall, bleibt die strukturelle Verkrümmung ein Leben lang bestehen. Dann ist es wichtig, der Wirbelsäulenverkrümmung aktiv entgegenzuarbeiten, um ein Fortschreiten zu verhindern.

Ursache

Welche Ursachen hat eine Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung)?

Der größte Teil (90%) entsteht idiopathisch – die Ursache ist also nicht bekannt. Den restlichen 10% liegt eine andere Erkrankung zugrunde.

Die häufigsten Auslöser einer sekundären Wirbelsäulenverkrümmung sind:

  • Kongenital: aufgrund angeborener Fehlbildungen der Wirbelkörper oder Rippen
  • Myopathisch: durch verschiedene Muskelerkrankungen, die zu Muskelschwäche führen; z.B. bei Duchenne Muskeldystrophie
  • Neuropathisch: Schäden im Nervensystem beeinträchtigen die Bauch- und Rückenmuskulatur, die die Wirbelsäule stabilisieren sollen; sie krümmt sich in Richtung der schlaffen Muskeln
  • Traumatisch: u.a. nach Wirbelbrüchen oder Rückenmarksverletzungen
  • Ärztliche Eingriffe: wie Bestrahlungen oder teilweise Entfernung von Wirbelknochen

Symptome

Welche Symptome treten bei einer Wirbel­säulen­verkrümmung auf?

Zu Beginn verursacht eine schiefe Wirbelsäule kaum Beschwerden. Mit fortschreitender Krümmung der Wirbelsäule treten jedoch immer stärkere Symptome auf.

Häufige Symptome einer Skoliose sind:

  • Rückenschmerzen
  • Verspannungen
  • Beckenschiefstand
  • Kopf wird schief gehalten
  • „Rippenbuckel“
  • Schultern stehen unterschiedlich hoch

Unbehandelt kann es langfristig zu einer Versteifung des Wirbelabschnittes und einem schnelleren Verschleiß kommen. Zusätzlich können Atemnot, ein Druckgefühl im Brustbereich oder Herzrasen auftreten.

Mögliche Lokalisationen von Schmerzen bei einer Wirbelsäulenverkrümmung:

  • Bein
  • Wirbelsäule / Rücken
  • Brustkorb
  • Hüfte
  • Muskelschmerzen

Diagnose

Wie wird eine Skoliose diagnostiziert?

Schritt 1: Anamnese

Hier werden u.a. folgende Fragen gestellt:

  • Wie lange besteht die Wirbelsäulenverkrümmung schon?
  • Bestehen andere Vorerkrankungen wie Muskel- oder Nervenerkrankungen bei Ihnen oder Familienangehörigen?
  • Gibt es Fälle von Skoliose in der Familie?
  • Sind Sie in den letzten Jahren gewachsen? Falls ja, wie schnell?

Schritt 2: Inspektion

Die Inspektion ist ein Teil der körperlichen Untersuchung, bei der Rücken und Wirbelsäule genauer betrachtet werden. Hier kann man oft eine Verlagerung der Linie der Dornfortsätze erkennen, die vom Hals aus über den Rücken verläuft. Die Schulterblätter geben Aufschluss über einen asymmetrischen Schulterstand, der typischerweise auftritt. Die Schultern stehen dabei unterschiedlich hoch. Bei herabhängenden Armen sind zudem die Abstände zum Rumpf links und rechts ungleich. Von der Seite aus lässt sich eine Hyperkyphose („Buckelung“) bzw. eine Hyperlordose („Hohlkreuz“) gut erkennen.

Im Rahmen der Untersuchung können auch ein Beckenschiefstand oder eine Beinlängendifferenz festgestellt werden.

Schritt 3: Adams-Test

Bei diesem Test lassen sich typische Zeichen leicht erkennen. Der bzw. die Untersuchende bittet Sie darum, sich mit durchgestreckten Knien nach vorne Richtung Fußspitze zu beugen. So treten ein Rippenbuckel am Rücken sowie Muskelwülste stärker in Erscheinung und es lassen sich Höhendifferenzen der Schultern beider Seiten erkennen.

Schritt 4: Untersuchung von Beweglichkeit, Reflexen und Kraft

Schritt 5: Bildgebung

Auch wenn eine körperliche Untersuchung meist ausreicht, um die Diagnose zu stellen, wird ein Röntgenbild benötigt. So kann man den Cobb-Winkel bestimmen und die verschiedenen Krümmungen sowie Knochenverformungen genau dokumentieren.

Therapie

Was kann man gegen eine Verkrümmung der Wirbelsäule tun?

Eine Vorbeugung einer Skoliose ist kaum möglich, da man in vielen Fällen die Ursache nicht kennt. Therapieziel ist in erster Linie eine Rückbildung bzw. ein Aufhalten des Fortschreitens der Wirbelsäulenverkrümmung. Während bei der leichten Form Physiotherapie und Krankengymnastik meist genügt, sollten mittlere und schwere Formen möglichst bald gezielter therapiert werden.

Therapiemöglichkeiten einer Skoliose

Physiotherapie
Diese ist alleine meist ausreichend bei leichten Formen.

Gips
Bei frühen Verkrümmungen der Wirbelsäule (early-onset unter 5 Jahren) kann ein Gipskorsett eingesetzt werden, um ein gerades Wachstum der Wirbelsäule zu fördern.

Korsett
Zusätzlich zur Physiotherapie wird bei schwereren Formen ein Korsett aus Kunststoff verwendet. Dieses muss über Monate oder Jahre fast rund um die Uhr getragen werden und richtet den Oberkörper auf, sodass es zum geraden Wachstum der Wirbelsäule kommt.

Bei Erwachsenen dient ein Korsett eher zur Stabilisierung nach Wirbelsäulenoperationen oder Minderung von Beschwerden, da es keinen Einfluss mehr auf das abgeschlossene Wachstum der Wirbelknochen hat.

Wirbelsäulenklammerung
Bei leichten Skoliosen im Kindesalter kann das Klammern der Wirbelsäule an ihrer gekrümmten Seite ein gerades Wachstum begünstigt werden. Das Wachstum wird auf der betroffenen Seite gebremst, sodass ein Ausgleich zwischen beiden Seiten und damit eine geradere Stellung der Wirbelkörper erreicht wird.

Operative Therapie
Ein operatives Vorgehen wird frühestens ab dem 10. Lebensjahr empfohlen. Eine rasches Fortschreiten, eine starke Verkrümmung und eine schwere Symptomatik sprechen für eine Operation als Behandlungsmaßnahme. Ziel ist es, die Wirbelsäule zu strecken, ihre Rotation zu beseitigen und somit eine Versteifung mit schwerwiegenderen Folgen zu verhindern.

Behandlung der Grunderkrankung
Eine Erkrankung, die für das Auftreten verantwortlich ist, sollte immer behandelt werden. Nur so kann ein Fortschreiten aufgehalten werden.

Schmerztherapie

Richtige Schlafposition
Am besten ist es, auf dem Rücken zu schlafen, da die Wirbelsäule so nicht unnötig belastet wird. Ein Schlafen auf dem Bauch und auch auf der Seite führt zu unnatürlichen Belastungen der Wirbelsäule, wodurch sich die Beschwerden verschlimmern.

Sport
Körperliche Bewegung hat nicht nur positive Auswirkungen auf Psyche und Herz-Kreislauf-System, sondern kann auch zur Stärkung der Rumpfmuskulatur und der Lungenfunktion beitragen. Grundsätzlich ist keine Sportart verboten. Stoßbelastungen und ruckartige Bewegungen sollten jedoch nach Möglichkeit vermieden werden.

Empfehlenswerter Sport

  • Sport im Wasser z.B. Schwimmen
  • Nordic Walking, Wandern
  • Radfahren in aufrechter Haltung
  • Pilates, Yoga etc.

Weniger empfehlenswerter Sport

  • Kontaktsportarten
  • Leistungssport
  • Trampolinspringen, Turnen
  • Gewichtheben
  • Tennis, Squash, Badminton

Prävention

Ist eine Rückbildung der Skoliose möglich?

Das hängt maßgeblich vom Zeitpunkt des Auftretens ab. Eine Säuglingsskoliose bildet sich innerhalb der ersten zwei Lebensjahre auch ohne Therapie fast immer vollständig zurück. Im Kinder- und Jugendalter können vor Abschluss des Wachstums noch gute Therapieerfolge erzielt werden.

Bildet sich die Wirbelsäulenverkrümmung nach der Pubertät aus, verschwindet sie meist nicht mehr vollständig. In diesem Fall kann durch Physiotherapie und weitere Maßnahmen positiv auf das Fortschreiten eingewirkt werden.

Kann eine Skoliose im Alter schlimmer werden?

Die Prognose ist von verschiedenen Kriterien abhängig. Grunderkrankungen einer sekundären Skoliose können den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen. Bei der idiopathischen Form ist neben der Skelettreife der Ausgangs-Cobb-Winkel der entscheidende prognostische Faktor. Demnach ist eine Verschlechterung im Erwachsenenalter besonders dann zu erwarten, wenn der Cobb-Winkel nach abgeschlossenem Wachstum bei über 50 Grad liegt.

Wenn die Beschwerden einer Skoliose zunehmen...

Doch auch ohne Verschlimmerung der Krümmung der Wirbelsäule kann es zu einer Zunahme der Beschwerden kommen. Verschleiß der Wirbelkörper, Versteifungen, Schmerzen und Verspannungen führen nicht nur zu Einschränkungen der Beweglichkeit, es können sogar innere Organe betroffen sein.

Bei einem Cobb-Winkel von über 80 Grad kann durch eine Beeinträchtigung der Lungenfunktion sogar die Lebenserwartung verringert sein.

Es gilt: Je länger eine schiefe Wirbelsäule unbehandelt bleibt, umso mehr Beschwerden verursacht sie. Deshalb ist eine frühzeitige Diagnosestellung und eine individuelle abgestimmte Therapie besonders wichtig für den weiteren Krankheitsverlauf. Bei Kindern können die besten Ergebnisse bis zum Abschluss des Wachstums erzielt werden.

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