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Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
Gelenkbeschwerden gehen häufig mit Erkrankungen des sogenannten rheumatischen Formenkreises einher. Umgangssprachlich wird von Rheuma gesprochen. Doch Rheuma ist nicht gleich Rheuma.
Kategorie: Fuß/Unterschenkel, Gouder, Handgelenk/Arme, Hüfte, Knie, Schulter/Nacken
15 Minuten
Rheuma ist nicht gleich Rheuma
Die Ursachen für eine rheumatische Erkrankungen können vielfältig sein und unterscheiden sich häufig in Bezug auf ihre Symptome und die Therapie. Im folgenden Text möchten wir etwas Licht ins Dunkel der verschiedenen Formen von rheumatischen Erkrankungen bringen und über die Ursachen, die Diagnostik und die richtige Therapie informieren.
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Wichtig:
Wir sind auf die Behandlung von Folgeerscheinungen von rheumatischen Erkrankungen, insbesondere Arthrose, spezialisiert. Die diagnostische Abklärung, ob eine rheumatische Erkrankung vorliegt und die grundsätzliche medikamentöse Einstellung, sollte vorab von einem internistischen Rheumatologen durchgeführt werden.
Definition
Was genau sind Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (ugs. Rheuma)?
Für Rheuma gibt es keine einheitliche Definition. Generell gilt, dass es sich bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises um chronisch-entzündliche Erkrankungen handelt, bei denen häufig die Gelenke mitbeteiligt sind. Es können aber auch innere Organe, die Muskulatur oder sogar Gefäße betroffen sein. Ursachen können sowohl Fehlregulationen des Immunsystems, als auch genetische Faktoren oder bestimmte Infektionen sein.
Wichtige Erkrankungen, die man im rheumatischen Formenkreises unterscheidet, (sog. Differentialdiagnosen) sind:
- Rheumatoide Arthritis (häufigste Form)
- Psoriasis-Arthritis (Schuppenflechte)
- Bechterew‘sche Erkrankung (Morbus Bechterew)
- Polymyalgia rheumatica (Riesenzellarteriitis)
- Gefäßentzündungen (sog. Vaskulitiden)
- Sjögren -Syndrom
- Systemischer Lupus Erythematodes
- Reaktive Arthritis
- Systemische Sklerose
- Lyme-Arthritis (Lyme-Borreliose)
Ursache
Welche Ursachen haben Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises?
Eine Auswahl wichtiger Krankheitsbilder und ihre gemeinsame Behandlungsstrategien
Wie schon erwähnt sind die Ursachen für rheumatische Erkrankungen vielfältig. Da es sich um eine ganze Reihe von Erkrankungen handelt, werden hier nur einige der wichtigsten Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises etwas ausführlicher behandelt. Die restlichen oben genannten Erkrankungen haben teilweise etwas andere Symptome, sind jedoch in der Therapie ähnlich zu behandeln. Und Ihnen allen gleich ist, dass die Gelenke häufig mitbeteiligt sind.
1. Rheumatoide Arthritis (rheumatische Gelenkentzündung)
Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste Erkrankung des rheumatischen Formenkreises . Sie wird auch als chronische Polyarthritis bezeichnet. Im Namen finden sich die wichtigen Charakteristika der Erkrankung wieder. Arthritis heißt auf deutsch Gelenkentzündung. Poly- bezeichnet eine Vielzahl von Gelenken und chronisch bezieht sich auf die lange Zeitdauer dieser Erkrankung. Die genaue Ursache dieser Erkrankung ist tatsächlich bis heute noch nicht vollständig erforscht. Man vermutet eine Fehlregulation des eigenen Immunsystems, das anschließend körpereigene Substanzen und Gewebe (u.a. auch den Gelenkknorpel) angreift, und so zu lang anhaltenden Entzündungen, sowie Deformierungen und Schmerzen führt. Ca. 0,5-1% der Weltbevölkerung bekommen diese Erkrankung im Laufe ihres Lebens.
2. Psoriasis-Arthritis
Zur Psoriasis-Arthritis kommt es im Rahmen der Schuppenflechte, die eine schuppende und juckende Hauterkrankung ist. Im Rahmen dieser Erkrankung kann es ebenfalls zu Gelenkentzündungen kommen. Ursachen dieser Erkrankungen sind sowohl genetische Faktoren als auch bestimmte auslösende Faktoren (sog. Triggerfaktoren) wie Hautreizungen, Infekte, bestimmte Medikamente, der Konsum von Alkohol oder Klimafaktoren.
3. Reaktive Arthritis
Die Ursachen der reaktiven Arthritis sind wie der Name schon verrät eine Reaktion des Körpers auf eine Infektion in Form einer Gelenkentzündung. Auslöser können bakterielle Infektionen im Darm in den Atemwegen oder ein Harnwegsinfekt (z.B. eine Blasenentzündung) sein. Kurz nach einer solchen Infektion kommt es auch hier aufgrund einer fehlregulierten Antwort des Immunsystems zu einer Gelenkentzündung. In Deutschland erkranken rund 50 von 100.000 Menschen nach einer der oben genannten Infektionen an einer reaktiven Arthritis.
4. Bechterew’sche Erkrankung
Ursache für die Bechterew’sche Erkrankung (benannt nach ihrem Erstbeschreiber) ist eine genetische Veranlagung.
Symptome
Wie machen sich die unterschiedlichen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises bemerkbar?
Die Symptome von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sind vielfältig. Einiges haben diese Erkrankungen jedoch gemeinsam. Im Folgenden wird zuerst auf die gemeinsamen Symptome der verschiedenen Erkrankungen eingegangen. Anschließend werden die spezifischen Symptome der einzelnen oben genannten Krankheiten erklärt.
Allgemeinsymptome
Da es sich bei den verschiedenen rheumatischen Erkrankungen generell um Erkrankungen mit einer Entzündung handelt kommt es häufig zu folgenden Allgemeinsymptomen:
- Fieber
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit
- Möglicherweise Gewichtsverlust
- Nachtschweiß
- Muskelschmerzen
Rheumatoide Arthritis
Bei der rheumatoiden Arthritis sind wie der Name verrät vor allem die Gelenke betroffen. Aber auch die oben genannten allgemeinen Symptome können ein erster Hinweis auf die Erkrankung sein und sollten beachtet werden.
Es kommt charakteristischerweise bei der rheumatoiden Arthritis zu:
- Einem schmerzhaften Händedruck (oft erstes Zeichen der Erkrankung)
- Entzündungen der Gelenke (vor allem der Fingergelenke) die mit einer schmerzhaften Schwellung und zunehmender Steifigkeit einhergehen
- Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündungen (Tendovaginitis & Bursitis)
- Nervenausfällen und Muskelschwund in der Hand (sog. Karpaltunnelsyndrom)
- Der Daumen kann deshalb häufig nicht mehr vollständig mit dem Zeigefinger zusammengeführt werden (fehlende Opponierbarkeit)
- Rheumaknoten (es kann zu schmerzlosen, festen Knoten in der Haut kommen)
Weitere Organe können ebenfalls befallen sein (Herz, Augen oder Gefäße)
Psoriasis-Arthritis
Bei der Psoriasis Arthritis können generell auch alle Gelenke beteiligt sein. Besonders betroffen sind auch hier vor allem die kleinen Fingergelenke. Im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis ist hier häufig nur ein Finger oder eine Zehe betroffen („Wurstfingerphänomen“).
Reaktive Arthritis
Bechterew’sche Erkrankung
Diagnose
Wie lassen sich Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreises diagnostizieren?
Neben einer Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und einer Laboruntersuchung spielt hier vor allem die Magnetresonanztomographie (MRT) eine wichtige Rolle. Grundlegend für eine gute Diagnostik ist zuerst einmal eine ausführliche Anamnese (Befragung) mit Fokus auf dem Krankheitsverlauf, zurückliegenden Infektionen und Vorerkrankungen in der Familie. Auch die Charakteristiken der unterschiedlichen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises werden hierbei abgefragt (z.B. morgendliche Steifigkeit bei der Bechterew’schen Erkrankung oder der Psoriasis-Arthritis)
Körperliche Untersuchung
Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung der Gelenke. Aufgrund der Lokalisationen der Gelenksentzündungen können hierbei bereits erste Rückschlüsse auf die Erkrankung gezogen werden. Es fallen häufig Schwellungen und Rötungen der Gelenke, sowie schmerzhafte Bewegungseinschränkungen auf.
Blutuntersuchung
Als nächstes ist eine labormedizinische Blutuntersuchung wichtig, um Entzündungsfaktoren, bestimmte Antikörper oder Antigene (Bestandteile des Immunsystems) oder Rheumafaktoren zu bestimmen. Die Blutuntersuchung kann helfen, bestimmte Ursachen für die rheumatischen Beschwerden bereits auszuschließen.
Bildgebende Verfahren wie offenes MRT
Um das Ausmaß der Gelenkentzündungen beurteilen zu können und um bisher noch nicht symptomatisch gewordene Gelenke zu entdecken, ist die Anwendung eines bildgebenden Verfahrens notwendig. Neben der Röntgenuntersuchung, bei der sich häufig Zerstörungen des angrenzenden Knochens und Verschmälerungen des Gelenkspaltes zeigen, spielt die MRT-Untersuchung eine herausragende Rolle:
Dieses Verfahren hat sich als Standard in der dreidimensionalen Beurteilung von Strukturen in der Medizin etabliert. Bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises fallen häufig Flüssigkeitsansammlung in den Gelenken, sowie weitere charakteristische Veränderungen der Gelenke auf, so z.B. Zerstörung des Gelenkknorpels, Zysten (Flüssigkeitsgefüllte Hohlräume) unterhalb des Knorpels oder Veränderungen des gelenknahen Kochens. Das MRT ist bei allen Rheumaarten das Mittel der Wahl zur Diagnosestellung.
MRT auch mit Platzangst
Für viele Patienten stellt die Untersuchung im MRT allerdings eine Herausforderung dar. Sie müssen für eine längere Zeit in der für das MRT charakteristischen engen „Röhre“ liegen. Viele Patienten verspüren hierbei Platzangst. Mithilfe eines sogenannten offenen MRTs, das zu den meisten Seiten hin offen ist, können auch solche Patienten in die Vorzüge einer MRT-Untersuchung kommen, die gerade bei rheumatischen Erkrankungen sehr wichtig ist. Im Orthozentrum Bergstraße verfügen wir über ein offenes MRT, sodass wir im Praxisalltag auch für Patienten mit Platzangst eine MRT-Untersuchung durchführen können.
Abschließend kann, vor allem wenn es zu Flüssigkeitsansammlungen im Gelenk (sog. Gelenkergüssen) kommt, eine Punktion des betroffenen Gelenkes erfolgen. Die hierbei gesammelte Flüssigkeit kann anschließend weiter untersucht werden, um bestimmte Ursachen auszuschließen.
Therapie
Wie kann man die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises gut behandeln?
In der Behandlung von rheumatischen Erkrankungen spielt aufgrund des chronischen Verlaufes und des häufig verteilten Befalls der Gelenke vor allem die konservative Therapie die tragende Rolle.
Folgende Therapiemaßnahmen sind wichtig:
- Krankengymnastik mit Bewegungstherapie
- Kältetherapie in akuten Phasen
- Wärmeanwendungen im chronischen Stadium
- Entzündungshemmende Medikamente (sog. NSAR wie Ibuprofen oder Diclofenac)
- Immunsuppressiva (Medikamente die die Überreaktion des Immunsystems dämpfen z.B. Glukokortikoide wie Prednisolon)
- Anti-Rheumatische Medikamente (z.B. Methotrexat oder sog. Biologika)
Physikalische Therapie
Einen wichtigen Baustein der Therapie von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises bildet die physikalische Therapie (Bewegungs-, Wärme & Kältetherapie). Da bei vielen Patienten die Bewegung der betroffenen Gelenke schmerzhaft eingeschränkt ist, nehmen sie eine Schonhaltung ein, um die Schmerzen etwas zu lindern. Dies führt wiederum zu weiteren Verspannungen, was in einem Teufelskreis zu weiteren Schmerzen führt. In der physiotherapeutischen Behandlung werden deshalb unter Anleitung Übungen erlernt, um die Beweglichkeit der Gelenke und Fehlhaltungen zu verbessern, die Muskeln zu kräftigen, und Schmerzen zu lindern. Des Weiteren können in der manuellen Therapie Gelenkblockaden und Muskelverspannungen gelöst werden. Im akuten Stadium können Kälteanwendungen helfen, die Entzündung und die Schmerzen in den Gelenken zu lindern.
Medikamentöse Therapie
Ein weiterer wichtiger Baustein der Therapie bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises ist die entzündungshemmende und schmerzlindernde medikamentöse Therapie. Hierbei muss man die akute Therapie im Entzündungs-Schub von einer langfristigen sog. Basistherapie unterscheiden.
Nicht-steroidhaltige Antirheumatika (NSAR)
Im akuten Schub einer Rheumaerkrankung helfen sog. nicht-steroidhaltige Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac. Diese Medikamente lindern die Schmerzen und hemmen die Entzündungsprozesse im Gelenk. Bei schweren Verläufen kann man außerdem die sog. Glukokortikoide verabreichen (z.B. Prednisolon). Diese „drosseln“ die Überreaktion des Immunsystems, und verhindern so die Zerstörung des Gelenkknorpels. Glukokortikoide kann man auch direkt in das betroffene Gelenk spritzen, um eine Linderung der Beschwerden herbeizuführen.
Langzeittherapie
Für die langfristige Therapie (sog. Basistherapie) setzt man heutzutage auf eine Vielzahl an sogenannten antirheumatischen Medikamenten. Zum Einsatz kommen hier zum Beispiel Methotrexat oder sogenannte Biologika (engl. „biologicals“). Auch diese Medikamente unterdrücken die Überreaktion des Immunsystems und sind für die Langzeittherapie bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises zugelassen.
Antibiotikum bei bakterieller Infektion
Ist die Ursache der Gelenkentzündung eine bakterielle Infektion, muss häufig zusätzlich mit einem Antibiotikum therapiert werden. Je nach Mitbeteiligung anderer Organe oder der Haut sind verschiedene andere Fachrichtungen der Medizin in die Therapie mit eingebunden. Die hier beschriebene Therapie richtet sich vor allem gegen die Gelenkbeschwerden der Patienten.
Prävention
Wie kann man rheumatischen Erkrankungen vorbeugen oder den Verlauf abmildern?
Wenn Sie bereits Patient oder Patientin mit einer rheumatischen Erkrankung sind, ist es wichtig, dass Sie Ihre Ernährung auf pflanzlicher Basis aufbauen. Speziell Milchprodukte und Fleisch enthalten Arachidonsäure, die zur Bildung von entzündungsfördernden Stoffen benötigt wird, welche die Verläufe von rheumatischen Erkrankungen verschlimmern.
Zusätzlich ist es wichtig, sich ausreichend zu bewegen. Das Fehlen von Bewegung und Übergewicht, sowie regelmäßiges Rauchen können ein Risikofaktor für die Entstehung einer rheumatischen Erkrankungen sein und den Verlauf verschlechtern.
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